Lasst euch im Ruhrgebiet von einem Stück lebendiger Geschichte verzaubern: der Essener Margarethenhöhe. Dieser historische Stadtteil wirkt wie aus der Zeit gefallen und besticht durch seinen einzigartigen Charme und kunstvolle Details. Eine der ersten deutschen Gartenstädte mit nostalgischen Marktplätzen, märchenhaften Fassaden und einer ruhigen Atmosphäre, die einen faszinierenden Kontrast zur modernen Stadt Essen bietet.
Inhalt
Die Margarethenhöhe als Oase der Ruhe und Geschichte
Die Margarethenhöhe ist ein besonderer Stadtteil im Süden von Essen – ein historisches Viertel, das wie aus der Zeit gefallen scheint. Mit ihrem Ursprung Anfang des 20. Jahrhunderts verdankt die Siedlung ihren Namen Margarethe Krupp, die diese einzigartige Gartenstadt als sozial orientiertes Wohnprojekt für die Mitarbeiter:innen des Krupp-Konzerns ins Leben rief. Zwischen 1909 und 1938 entstand hier, unter der Federführung des Architekten Georg Metzendorf, eine der ersten deutschen Gartenstädte. Heute gilt die Margarethenhöhe nicht nur als Denkmal von europäischem Rang, sondern auch als eine Art Gegenpol zur urbanen Hektik der Stadt Essen.
Für mich hat die Margarethenhöhe etwas besonders Anziehendes: Der Stadtteil hat sich über die Jahre kaum verändert, und genau das liebe ich daran. Jedes Mal, wenn ich hierherkomme, wirkt alles so friedlich und nostalgisch, fast wie ein Blick in eine vergangene Welt – ein starker Kontrast zum modernen Essen, das nur ein paar Straßen weiter beginnt.
Der „Kleine Markt“
Der „Kleine Markt“ auf der Margarethenhöhe ist ein historischer Treffpunkt und ein echtes Herzstück der Gartenstadt. Er markiert eine großzügige Freifläche inmitten der schmalen „Steilen Straße“ und hat sich von Anfang an zu einem lebendigen Ort der Begegnung entwickelt. Schon kurz nach der Bebauung diente er als sozialer Treffpunkt für die Bewohner:innen und Gäste – inspiriert von den italienischen Piazzas, die für ihre gesellige Atmosphäre bekannt sind.
Ein besonderer Höhepunkt in der Geschichte des „Kleinen Marktes“ war der Besuch von Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1912 und die Aufführung der Hans-Sachs-Spiele 1913. Der Platz wird umrahmt von eindrucksvollen Gebäuden wie den Laubenganghäusern, dem Gasthaus und dem ehemaligen Konsum. Im Zentrum steht der Schatzgräberbrunnen, dessen Inschrift – „Grabt Schätze nicht mit dem Spaten, sucht sie in edlen Taten“ – symbolisch für das Engagement von Margarethe Krupp steht.
Heute beleben vor allem die Markttage diesen Platz: mittwochs und samstags versammeln sich hier Obst-, Gemüse- und Blumenstände, dazu gesellen sich Food-Stände und manchmal sogar eine kleine Fahrradreparaturwerkstatt. Der Markt ist ein beliebter Treffpunkt für Bewohner:innen und Besucher:innen, die das nostalgische Flair des Ortes genießen möchten. Neu hinzugekommen ist der „Feierabendmarkt“ alle zwei Wochen mittwochs, der zum entspannten Plausch bei Wein und Snacks einlädt. Dieser Markt ist nicht nur praktisch, sondern stärkt das Gemeinschaftsgefühl und verleiht dem Viertel eine charmante Lebendigkeit.
Die „Steile Straße“
Die „Steile Straße“ auf der Margarethenhöhe ist eine der charakteristischsten Straßen der Siedlung und führt direkt zum „Kleinen Markt“. Sie verläuft mit einer Steigung und schlängelt sich an den ersten Bauabschnitten der Gartenstadt vorbei. Trotz ihrer schmalen Breite, die auf die platzsparende Architektur des Viertels zurückgeht, wirkt sie charmant und einladend, besonders durch die verwinkelte Bauweise und die liebevoll gestalteten Fassaden der Häuser.
Die Steile Straße ist von historischen Häusern umgeben, die alle einheitlich im Stil der Gartenstadt gehalten sind und den Charakter der Siedlung prägen. Ursprünglich wurde die Straße so konzipiert, dass sie als Haupterschließungsweg für die Anwohner:innen diente, doch heute ist sie vor allem ein atmosphärischer Weg für Spaziergänge, der Besucher:innen einen direkten Zugang zum „Kleinen Markt“ bietet. Ihr nostalgisches Ambiente und die besondere Hanglage machen die Steile Straße zu einem beliebten Fotomotiv und verleihen der Margarethenhöhe ihren unverwechselbaren, fast dörflichen Charme mitten in der Großstadt Essen.
Hier sind einige interessante Fakten zur Margarethenhöhe in Essen:
- Bevölkerung: Zum 31. Dezember 2023 zählte die Margarethenhöhe 7.170 Einwohner:innen.
- Bevölkerungsstruktur: Der Anteil der unter 18-Jährigen liegt bei 15,0 % und der Anteil der mindestens 65-Jährigen bei 27,8 %. Der Ausländeranteil beträgt 7,6 % – alles unter dem Essener Durchschnitt.
- Wohnen: Die meisten Häuser gehören der Margarethe-Krupp-Stiftung. Durch die hohe Nachfrage beträgt die Wartezeit auf eine Wohnung je nach Wunsch zwischen 6 und 36 Monaten. Viele Bewohner:innen bleiben hier ihr Leben lang.
- Einkaufsmöglichkeiten: In der Nähe des „Kleinen Marktes“ und entlang der Sommerburgstraße finden sich diverse Geschäfte für den täglichen Bedarf, darunter Bäckereien, Supermärkte und eine Apotheke.
- Historische Bedeutung: Die Margarethenhöhe entstand zwischen 1909 und 1938 und gilt als eine der ersten deutschen Gartenstädte.
- Größe: Die Siedlung umfasst 115 Hektar, von denen 50 Hektar als unbebaubares Waldland geschützt sind.
- Lage: Sie grenzt an den Grugapark und bietet somit einen naturnahen Wohnort im Herzen des Ruhrgebiets.
- Denkmalstatus: Die Margarethenhöhe ist ein Denkmal von europäischem Rang und ein Paradebeispiel für menschenfreundliches Wohnen.
Kunst im Alltag – Die magischen Reliefs und Erker der Margarethenhöhe
Auch der denkmalnahe Bereich der Margarethenhöhe westlich der Sommerburgstraße ist einen Besuch wert. Er wirkt wie eine Erweiterung des historischen Flairs der Margarethenhöhe, die sich stark an den ursprünglichen Gartenstadtprinzipien orientiert, auch wenn er etwas später gebaut wurde.
Was mir besonders ins Auge fiel, sind die kleinen, märchenhaften Embleme über Türen und Fenstern. Diese kunstvollen Details verleihen den Gebäuden eine charmante, fast spielerische Note und machen den Spaziergang durch diesen Teil der Siedlung zu etwas Besonderem. Denn auf den ersten Blick wirkt hier alles etwas unspektakulärer. Doch wenn man genau hinsieht, kann man auch hier kleine Geschichten entdecken, die dem Viertel eine ganz eigene Seele geben.
Dieser Teil der Margarethenhöhe bleibt oft unentdeckt, da die meisten Besucher:innen nur den denkmalgeschützten Bereich kennen. Doch für mich bringt gerade dieser Abschnitt den Charakter der Margarethenhöhe gut hervor. Er zeigt, wie der Gartenstadtgedanke nicht nur im alten, berühmten Teil, sondern auch hier weitergeführt wurde.
Die Margarethenhöhe ist reich an kunstvollen Details, die den Charme und die Einzigartigkeit der Siedlung unterstreichen. Viele dieser Kunstwerke stammen von dem Keramiker Richard Malin, der ab 1928 auf der Margarethenhöhe lebte und arbeitete. Seine Werke finden sich an mehreren Gebäuden und verleihen der Siedlung eine künstlerische Note, die das tägliche Leben bereichert.
Ein herausragendes Beispiel ist der Erker des Hauses „Zur Eibe 10“, der vom Sockel bis zum Dach mit Keramikfliesen verziert ist. Malin gestaltete diese Fliesen 1933 und brachte damit die Natur in die Architektur ein. Die Motive zeigen Pflanzen, Tiere und Gesichter, die harmonisch miteinander verbunden sind und an die üppige Flora und Fauna erinnern, die die Gartenstadt umgibt.
Wandreliefs von Malin
Weitere Wandreliefs von Malin finden sich an den Häusern im „Lehnsgrund 15 und 17“ sowie in der „Steilen Straße 87“. Diese Reliefs bestehen aus mehreren Einzelteilen und zeigen Szenen aus dem Landleben, der Tierwelt und Märchen. Besonders schön sind die drei Reliefs am Lehnsgrund, die verschiedene Themen darstellen: ein Reiter, eine junge Familie unter einem Baum und eine Szene aus dem Märchen „Rotkäppchen und der Wolf“. Diese kunstvollen Darstellungen verleihen den Fassaden eine lebendige, erzählerische Qualität und lassen die Betrachter:innen immer wieder neue Details entdecken.
Die Werke von Richard Malin machen die Margarethenhöhe zu einem Ort, der über das rein Architektonische hinausgeht und Kunst mit Alltagsleben verbindet – ein Aspekt, der den besonderen Charme und die kulturelle Bedeutung der Siedlung ausmacht.
Geschichte der Margarethenhöhe
Geschichte ist für mich oft eher ein notwendiges Übel – die wirklich spannenden Details entdecke ich meistens erst, wenn ich zu Hause ins Internet eintauche. Gerade bei der Margarethenhöhe hat mich das Stöbern in ihrer Vergangenheit aber nachträglich völlig fasziniert: Ich stelle dann oft überrascht fest, wie viel von dem, was ich dort sehe, eine tiefere Bedeutung hat.
Die Stifterin der Siedlung
Die Margarethenhöhe verdankt ihren Ursprung Margarethe Krupp, die 1906 die Siedlung stiftete – ein Geschenk anlässlich der Hochzeit ihrer Tochter Bertha. Mit dieser Stiftung setzte sie einen mutigen sozialen Akzent und stellte eine beachtliche Summe von einer Million Mark sowie 50 Hektar Bauland zur Verfügung. So entstand die Margarethenhöhe als Gartenstadt mit einer architektonisch und sozial durchdachten Struktur, die nicht nur Wohnraum, sondern auch Lebensqualität bieten sollte.
Der Bau begann 1909, und schon ein Jahr später waren die ersten Häuser fertig. Die Siedlung erhielt sogar einen Viadukt, um den Baustofftransport zu erleichtern und eine Verbindung zu den nahegelegenen Essener Stadtteilen herzustellen. Diese Infrastrukturmaßnahmen zeigen, wie zukunftsweisend das Projekt damals schon war. In den 1920er Jahren folgte die erste katholische Kirche, die jedoch im Zweiten Weltkrieg zerstört und später wieder aufgebaut wurde.
Wiederaufbau der Siedlung
Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Margarethenhöhe schwere Schäden, doch nach dem Krieg wurde sie in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt. Das finde ich besonders beeindruckend: Heute spaziert man durch eine Siedlung, die ihre Historie noch lebt und atmet, als wäre sie nie zerstört worden. 1948 wurde die Margarethenhöhe ein eigener Stadtteil, was ihre Bedeutung in der Stadtgeschichte noch einmal unterstrich.
Manchmal merke ich erst beim Nachlesen, wie viel Geschichte tatsächlich in der Margarethenhöhe steckt – und wie viel ich bei einem Spaziergang selbst erlebt habe, ohne es zu wissen.
Wer war Georg Metzendorf?
Der Architekt der Margarethenhöhe, Georg Metzendorf, war eine prägende Figur des frühen 20. Jahrhunderts und Mitglied des Deutschen Werkbundes. Metzendorf war bekannt für seine Vision, menschenfreundliche Wohnräume zu schaffen, die den Gartenstadt-Gedanken auf einzigartige Weise umsetzten. Für die Margarethenhöhe entwarf er eine harmonische Siedlung, in der Architektur und Natur eine Einheit bilden und die Häuser sich durch eine liebevolle Detailgestaltung auszeichnen.
Sein Konzept basierte auf den Prinzipien der Gartenstadtbewegung: viel Grün, kleine Gärten zur Selbstversorgung und gemeinschaftliche Plätze. Dabei verzichtete er bewusst auf monotone Reihenhäuser und schuf stattdessen eine abwechslungsreiche, fast dörfliche Atmosphäre. Seine Fähigkeit, Funktionalität mit künstlerischem Anspruch zu verbinden, machte die Margarethenhöhe zu einem außergewöhnlichen Wohnprojekt und einem Ort, der bis heute als Vorbild für soziale Wohnbauprojekte gilt.
Metzendorfs Pilotprojekt und weitere Arbeiten
Georg Metzendorf war ein einflussreicher Architekt, der neben der Margarethenhöhe auch andere Gartenstadtprojekte realisierte. 1908 hatte er mit einem innovativen Kleinwohnhaus auf der Mathildenhöhe in Darmstadt Aufmerksamkeit erregt, was ihm kurz darauf den Auftrag einbrachte, in Essen die Margarethenhöhe zu entwerfen – eine Siedlung für 12.000 Menschen, die als vollständig abgestimmtes Gesamtkunstwerk konzipiert war. Durch einen Regierungserlass von allen baurechtlichen Vorschriften befreit, schuf Metzendorf hier ein Pilotprojekt, dessen Erkenntnisse später die deutsche Baugesetzgebung beeinflussten.
Neben der Margarethenhöhe gestaltete Metzendorf die Gartenstadt Hüttenau bei Hattingen und wirkte auch an der Gartenstadt Hellerau bei Dresden mit. Diese Siedlungen gelten als Meilensteine des modernen Städtebaus und trugen maßgeblich zur Baukultur bei, die später als „Westdeutscher Impuls“ bekannt wurde.
Anreise
Ich empfehle euch, die U-Bahn zu nehmen! Vom Essener Hauptbahnhof bringt euch die Linie U17 direkt zur Margarethenhöhe. Am besten steigt ihr an der Haltestelle „Laubenweg“ aus – von dort aus sind es nur wenige Minuten zu Fuß, und ihr taucht direkt in den denkmalgeschützten Bereich der Siedlung ein.
Alternativ könnt ihr auch an der Haltestelle „Halbe Höhe“ aussteigen und euch dann auf einen kleinen Spaziergang entlang der „Steilen Straße“ begeben. Dabei bekommt ihr schon einen ersten Eindruck vom besonderen Charme der Margarethenhöhe, besonders im Kontrast zum Stadtteil, der hinter euch liegt.
Wer mit dem Auto anreisen möchte, kann die Margarethenhöhe über die A52 (Abfahrt Essen-Haarzopf) oder die A40 (Abfahrt Essen-Holsterhausen) erreichen – aber beachtet, dass die Parkmöglichkeiten im historischen Bereich begrenzt sind.
Öffnungszeiten
Die Margarethenhöhe kann jederzeit wie ein normaler Stadtteil besucht werden, allerdings ist sie bewohnt und kein Museum – daher sollte auf die Privatsphäre der Bewohner:innen Rücksicht genommen werden, besonders beim Fotografieren. Der Eintritt kostet also nix, wenn ihr nur durch die Straßen gehen wollt.
In der Siedlung befinden sich zwei Außenstellen des Ruhr Museums von der Zeche Zollverein: die Musterwohnung und der Halbachhammer. Beide können im Rahmen öffentlicher Führungen besichtigt werden (teilweise mit Voranmeldung und gegen Gebühr).
Fazit: Warum ihr die Margarethenhöhe unbedingt einmal besuchen solltet
Die Margarethenhöhe ist ein echtes Kleinod im Ruhrgebiet, das man unbedingt einmal erlebt haben sollte. Ihre historischen Fassaden, die liebevoll gestalteten Details und die friedliche Atmosphäre machen diesen Stadtteil zu einem ganz besonderen Ausflugsziel. Obwohl die Siedlung über die Jahre kaum verändert wurde, wirkt sie keineswegs veraltet, vielmehr ist sie ein lebendiges Denkmal.
Ich empfehle einen Besuch, weil die Margarethenhöhe eine ruhige Oase abseits der städtischen Hektik bietet und einen einzigartigen Einblick in die Geschichte und das Leben in einer der ersten deutschen Gartenstädte ermöglicht. Hier kann man stundenlang spazieren, die besondere Architektur bewundern und ein Stück Ruhrgebiet von seiner schönsten, fast nostalgischen Seite entdecken.
PS: Weitere Tipps fürs Ruhrgebiet sind die Zeche Zollern in Dortmund, Tiger & Turtle in Duisburg und ein Haldenhopping mit den schönsten Aussichten auf den Pott.
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