
Ein Werbespot, vollständig generiert durch Künstliche Intelligenz (KI), läuft zur Primetime auf allen ProSiebenSat.1-Sendern. Die Zahnpflege-Marke Lacalut feiert mit diesem Spot ihr 100-jähriges Bestehen – und setzt dabei nicht auf klassische Filmproduktion, sondern ausschließlich auf KI. Doch was bedeutet das für die Zukunft der Werbung?
Inhalt
KI in der Werbewelt – eine Revolution?
Der Spot zeigt Menschen aus den letzten 100 Jahren und ihr Lächeln – alles künstlich generiert. Die Hintergründe, die Figuren, die Musik und selbst die Stimme des Sprechers stammen aus KI-Modellen. Kein Casting, kein Dreh, kein Filmteam. Seven.One Media hat den Spot in Zusammenarbeit mit Havas Media und Havas Play entwickelt. Zum Kampagnenstart feierte er am 10. März auf allen TV-Sendern der ProSiebenSat.1-Gruppe sowie auf Joynseine Premiere.
Der Spot ist ein Beispiel für einen effizienten Prozess mit maximaler Kontrolle über das Endprodukt. Klingt beeindruckend, oder? „Mit diesem KI-Spot schreiben wir TV-Geschichte“, sagt Markus Messerer, Chief Commercial Officer von ProSiebenSat.1. Doch ist das wirklich ein historischer Moment – oder einfach nur ein geschicktes Marketing-Narrativ?
Chancen für Marken – und was auf der Strecke bleibt
Die Vorteile liegen auf der Hand: KI kann Kosten senken, Prozesse beschleunigen und Inhalte individuell anpassen. Für Unternehmen ohne großes Produktionsbudget könnte das ein Gamechanger sein. Zudem lassen sich Spots flexibler und zielgruppenspezifischer ausspielen. Wer heute eine KI-Werbung für ein junges Publikum braucht, kann morgen eine leicht angepasste Version für ältere Zielgruppen generieren – ohne neue Dreharbeiten.
Aber: Werbung lebt von Emotionen, von echtem Storytelling und menschlicher Kreativität. Der Einsatz von KI kann Prozesse erleichtern, doch kann er auch das ersetzen, was einen wirklich guten Spot ausmacht? Das Experiment mit Lacalut zeigt: KI kann produzieren – aber kann sie auch berühren?
Das Thema ist in Deutschland nicht ganz neu. Vor einigen Monaten hat die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) „Emma“, eine KI-generierte Influencerin, ins Leben gerufen, um Deutschland als Reisedestination zu vermarkten. Auf den ersten Blick klingt das nach einem spannenden Experiment – doch das Projekt stieß auf jede Menge Kritik.

Wo KI in Marketing und PR gefährlich sein kann
- Deepfake-Testimonials: Wenn Prominente oder CEOs durch KI falsche Aussagen in den Mund gelegt bekommen.
- Manipulierte Bilder: KI kann täuschend echte Szenarien erschaffen, die nie passiert sind – das könnte für Krisenkommunikation oder politische PR gefährlich werden.
- Automatisierte Fake-News: KI-geschriebene Pressemitteilungen oder Social-Media-Posts könnten gezielt falsche Informationen streuen.
- Überpersonalisierte Werbung: Wenn KI so gut darin wird, Menschen psychologisch zu analysieren, dass Werbung nicht nur anspricht, sondern manipuliert.
- Generierte Kundenbewertungen: KI könnte Rezensionen erstellen, die nicht von echten Menschen stammen und somit Kaufentscheidungen unethisch beeinflussen.
Warum lernen wir das nicht in der Schule?
Was mich dabei immer wundert: Warum wird in der Schule so wenig Medienkompetenz vermittelt? Wir lernen Gedichtinterpretationen und das Periodensystem, aber wie man eine Quelle überprüft oder ob ein Bild manipuliert wurde, bleibt oft außen vor. Inhalte verbreiten sich heutzutage oft viral in Sekunden und da KI immer bessere Fakes produziert, wäre es längst überfällig, Schülerinnen und Schüler darauf vorzubereiten. Denn wer heute nicht weiß, wie man Informationen hinterfragt, läuft Gefahr, sich zu radikalisieren.
Zukunft der KI-Werbung – ein Blick nach vorn
Was bedeutet dieser „Meilenstein“ für die Branche? Werden bald alle Werbespots nur noch aus Algorithmen bestehen? Wahrscheinlich nicht. Vielmehr ist KI ein weiteres Werkzeug in der Kreativbranche, das gezielt eingesetzt werden kann – besonders dort, wo Effizienz und Individualisierung gefragt sind.
Doch eines ist sicher: Wir stehen erst am Anfang. Ob KI-Werbung in Zukunft zum Standard wird oder nur ein Hype bleibt, wird sich daran entscheiden, wie gut sie es schafft, nicht nur effizient, sondern auch emotional zu sein. Denn am Ende des Tages zählt nur eines: Fühlt sich die Werbung echt an – oder nicht?

PS: Den Spot gibt es auch auf der Website von Lacalut zu sehen.
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