
Ihr seid auf der Suche nach einem veganen Café in Danzig? Oder habt einfach Lust, die Stadt mal von einer anderen Seite kennenzulernen? Dann solltet ihr Wrzeszcz (früher Langfuhr) nicht verpassen. Zwischen Altbaucharme, LGBTQI+-freundlichen Cafés und auf den literarischen Spuren von Günter Grass könnt ihr hier einen richtig schönen, entspannten Nachmittag verbringen. Ich habe mich durch veganen Kuchen probiert, spannende Ecken entdeckt und zeige euch, warum sich ein Abstecher in diesen Stadtteil definitiv lohnt.
Inhalt
Stadtviertel-Entdeckungen abseits der Touri-Hotspots
Ich liebe es ja, einfach mal loszulaufen. Genau das habe ich bei meinem letzten Besuch in Danzig gemacht und bin in Langfuhr (heute Wrzeszcz) gelandet. Der Stadtteil liegt ein Stück außerhalb der hübsch herausgeputzten Altstadt und ist so ziemlich das Gegenteil davon: keine Postkartenidylle, sondern Alltag, Ecken und Kanten.
Langfuhr hat mich direkt gepackt. Alte Häuser mit abgeschrammten Türen, dazwischen modernisierte Fassaden, ein paar kreative Läden, Studis auf Fahrrädern. Es ist ein Stadtteil, der nicht versucht, zu gefallen und gerade deshalb so charmant ist.
Café Lang.fuhr: Entspanntes Kaffeetrinken in guter Gesellschaft
Ein Ort, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist: das Café Lang.fuhr in der ul. Aldony 6. Der Laden ist genauso liebevoll wie lässig. Von außen eher unscheinbar, entfaltet er innen seinen ganz eigenen Charme: viele Pflanzen, bunt zusammengewürfelte Möbel, industrielle Lampen und ganz viel Licht. Es gibt gemütliche Tische direkt am Fenster, eine knallgelbe Retro-Couch und sogar eine kleine Ecke mit einer alten Schreibmaschine.
Die Atmosphäre ist eine Mischung aus Wohnzimmer und Kreativstudio. An den Wänden hängen gerahmte Bilder, einige Tische wirken, als wären sie gerade frisch vom Flohmarkt gerettet worden. Und genau das macht den Reiz aus: nichts ist durchgestylt, aber alles wirkt mit Liebe zusammengestellt.
Im vorderen Bereich gibt’s eine Bar mit einer gut gefüllten Kühlschrankwand mit Snacks, Kuchen, Craft-Bier und natürlich Kaffee. Alles ganz entspannt, bisschen Hipster-Gehabe, einfach ein Ort, an dem man gern bleibt. Wer Lust auf etwas Urbanes mit Herz hat, ist hier genau richtig.
Ich hatte im Fukafe bereits ein Stück Kuchen gegessen und mir dann dort eine Limo für 3,75 Euro gegönnt und eine ganze Weile draußen gesessen und Leute beobachtet. Das Publikum ist entspannt, viele junge Menschen, manche mit Laptop, andere mit Hund. Wer sich für kleine Cafés mit Persönlichkeit begeistern kann, wird sich hier wohlfühlen.






LGBTQI+-freundlich
Polen stand in den letzten Jahren stark unter dem Einfluss der nationalkonservativen PiS-Partei, die durch ihre LGBTQ-feindliche Rhetorik international immer wieder in der Kritik stand. Man denke nur an die sogenannten „LGBT-freien Zonen“, die einige Gemeinden ausgerufen haben. Erst seit den Wahlen 2023, in denen die PiS ihre Mehrheit verloren hat, gibt es vorsichtige Hoffnung auf Veränderung. Die liberalere Regierung unter Donald Tusk hat Verbesserungen angekündigt.
In diesem Kontext fühlt sich Wrzeszcz fast wie ein Gegenentwurf zum konservativen Polen an. Offener, toleranter und kreativer. Deshalb verwundert es nicht, dass das Publikum im Café Lang.fuhr an dem Tag, an dem ich da war,optisch eher aussah, als ob es links wählen würde ;)!
Bevor ich mich in Wrzeszcz auf den Weg gemacht habe, habe ich wie immer ein wenig vorab recherchiert: Wo findet man vegetarische oder vegane Angebote? Welche Cafés klingen sympathisch? Dabei ist mir aufgefallen, dass sich einige der Läden bei Google nicht nur interessant klangen, sondern sich auch die Labels „LGBTQI+-freundlich“ oder „von Frauen geführt“ tragen – was eher selten in der Stadt der Fall ist.
Vor Ort bestätigt sich dieser Eindruck: In mehreren Cafés sind dezent Pride-Flaggen zu sehen. Das wirkt authentisch und herzlich und vermittelt ein Gefühl von Offenheit, das gut tut. Gerade vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Debatten in Polen ist es bemerkenswert, wie sich hier Orte für Vielfalt und ein respektvolles Miteinander aussprechen.




Günter Grass darf natürlich nicht fehlen
Dass Günter Grass hier geboren wurde, wusste ich – aber ich hatte nicht erwartet, wie selbstverständlich sich sein Erbe ins Stadtbild einfügt. Grass kam am 16. Oktober 1927 im damaligen Danzig-Langfuhr zur Welt. Seine Kindheit in diesem Viertel prägte viele seiner Werke, allen voran die Danziger Trilogie mit dem berühmten Roman „Die Blechtrommel“. Sein Geburtshaus befindet sich in der heutigen Ulica Joachima Lelewela 13 (ehemals Labesweg 13). Das Gebäude ist schlicht und trägt eine Gedenktafel, die an den Literaturnobelpreisträger erinnert.
Während meines Spaziergangs durch Wrzeszcz ist mir aufgefallen, dass die Erinnerungen an Grass eher leise daherkommen. Ein markanter Ort ist der Günter-Grass-Kreisverkehr. Dort ist auch das Café Lang.fuhr. Und wer genau hinschaut, entdeckt auch eine Bank mit einer Bronzefigur von Oskar Matzerath, der Hauptfigur aus der Blechtrommel. Später kam noch eine Figur von Grass selbst dazu. Die Skulptur von Oskar wurde 2002 aufgestellt, während die Figur von Grass im Oktober 2015, sechs Monate nach seinem Tod, hinzugefügt wurde. Die genaue Adresse, falls ihr dort mal seid: plac Generała Józefa Wybickiego, 80-440 Gdańsk.
Vegane Ecken und kulinarische Vielfalt
Neben dem Café Lang.fuhr, das pflanzliche Milchalternativen bietet, lohnt sich ein Abstecher zu kleinen veganen Bäckereien und Restaurants, die sich zwischen die klassischen Bars und modernen Food-Spots mischen.
Langfuhr scheint eine gute Adresse für junge, nachhaltige Gastronomie zu sein. Die Szene scheint nicht überdreht, sondern angenehm geerdet. Wer Lust hat, kann sich auf vegane Sandwiches, Bowls oder Kuchen freuen, oft in Läden, die eher wie Wohnzimmer aussehen als wie Restaurants.



Fukafe: Vegane Törtchen mit Retro-Charme
Ein Tipp in Wrzeszcz ist das Fukafe – eine vegane Patisserie und Kaffeebar, die sich seit 2012 in der Szene etabliert hat. Das Café liegt in der ul. Wajdeloty 22 und ist bekannt für seine große Auswahl an pflanzlichen Kuchen und Desserts. Viele davon sind auch glutenfrei oder zuckerreduziert.
Das Interieur ist gemütlich und leicht verspielt, mit einem Mix aus Vintage-Möbeln, bunten Wänden und vielen kleinen Details, die den Ort besonders machen. Neben Espresso-Klassikern gibt’s auch Kaffee aus alternativen Brühmethoden wie Chemex oder Aeropress. Also perfekt für alle, die ihren Kaffee ein bisschen zelebrieren wollen.
Wir hatten dort ein Raffaelo-Törtchen und ein Stück Schokokuchen mit Kirschen – beides jeweils 23 Złoty, also ca. 5,40 € pro Stück. Für Polen ganz schön teuer. Das Raffaelo-Törtchen war cremig, kokosnussig und trotzdem nicht zu süß, der Schokokuchen richtig schön saftig mit ganzen Kirschen und einer dunklen Note. Wer vegane Kuchen liebt und gerne in einem freundlich-alternativen Umfeld eine Pause einlegt, sollte hier definitiv vorbeischauen.
Weitere empfehlenswerte Adressen
- Avocado Vegan Spot
Ein beliebter Ort für vegane Bowls, Bagels und Street Food.
ul. Wajdeloty 25, 80-437 Gdańsk
avocadovegan.pl - Nieczapla Coffee Roasters
Eine Spezialitäten-Kaffeerösterei mit Fokus auf hochwertigen Kaffee.
ul. Wajdeloty 3A, 80-437 Gdańsk
nieczapla.pl - Stacja Wrzeszcz Bistro & Bar
Ein Bistro mit einer Auswahl an Speisen und Getränken, darunter auch vegane Optionen.
ul. Ludwika Waryńskiego 30/31, 80-433 Gdańsk
stacjawrzeszcz.pl






So kommt ihr nach Langfuhr
Wenn ihr raus wollt aus dem Trubel der Altstadt und Lust habt, Danzig ein bisschen abseits der klassischen Wege zu entdecken, ist Wrzeszcz (Langfuhr) genau das Richtige. Der Stadtteil liegt nur wenige Kilometer vom Zentrum entfernt und ist schnell und unkompliziert erreichbar, zum Beispiel mit der Bahn, Straßenbahn oder einem Uber.
Mit der Bahn
Am schnellsten geht’s mit dem Zug. Vom Hauptbahnhof Gdańsk Główny fährt die SKM (S-Bahn) oder ein Regionalzug in nur etwa sechs Minuten nach Gdańsk Wrzeszcz. Die Züge kommen regelmäßig.
Mit der Straßenbahn
Ich bin mit der Straßenbahnlinie 08 gefahren und bei der Haltestelle Plac Komorowskiego ausgestiegen – ein guter Ausgangspunkt für einen Spaziergang durch Wrzeszcz. Die Fahrt vom Zentrum dauert ca. 15 Minuten.
Was gut zu wissen ist: An vielen Haltestellen gibt es keine Fahrkartenautomaten. Ich habe direkt meine Kreditkarte beim Ein- und Aussteigen ans Lesegerät in der Bahn gehalten. Das System rechnet die Strecke automatisch ab. Die Preise schwanken ein bisschen: Ich habe auf dem Hinweg 1,14 Euro (also umgerechnet), auf dem Rückweg 2,29 Euro gezahlt. Warum, weiß ich auch nicht so genau. Vielleicht hab ich beim Aussteigen etwas falsch gemacht und mir wurde die komplette Strecke berechnet?
Mit Uber
Wer es lieber ganz bequem mag: Uber funktioniert in Danzig gut. Die Fahrt dauert etwa zehn Minuten, kostet je nach Uhrzeit zwischen 4 und 7 Euro und bringt euch ohne Umsteigen und ganz entspannt direkt nach Wrzeszcz.







Bezahlen in Danzig: Karte raus, fertig
Was das Bezahlen angeht, war mein Aufenthalt in Danzig total unkompliziert. Ich habe alles mit Kreditkarte bezahlt, von der Limo im Café Lang.fuhr bis zur Straßenbahnfahrt nach Wrzeszcz. Selbst kleinere Läden, Kioske oder Imbissstände nehmen mittlerweile problemlos Kartenzahlung an.
Wichtig zu wissen: Polen gehört zur EU, aber nicht zur Eurozone. Gezahlt wird mit Złoty (PLN). Bei Kartenzahlung wird der Betrag automatisch umgerechnet – wie genau, hängt vom tagesaktuellen Wechselkurs und eurer Bank ab. Der aktuelle Wechselkurs liegt bei 1 Euro = 4,27 PLN (Stand: 24.04.2025).
Ein Hinweis, den ich vorher gelesen hatte (und den ich nur bestätigen kann): Wenn das Kartenlesegerät fragt, ob ihr in Euro oder Złoty zahlen wollt, dann immer Złoty wählen. Der Wechselkurs ist meist deutlich besser, weil eure Bank den Umrechnungskurs bestimmt und nicht der Anbieter vor Ort.
Falls ihr lieber mit Bargeld unterwegs seid: In der Innenstadt gibt es viele Wechselstuben, die ihre Kurse gut sichtbar draußen anschlagen. Ihr könnt also auch spontan vor Ort tauschen.
Mein Fazit: Langfuhr lohnt sich
Langfuhr ist kein typisches Ausflugsziel. Es gibt keine großen Sehenswürdigkeiten, keine perfekte Postkartenansicht. Aber genau das macht den Stadtteil so spannend. Wer Lust hat, eine andere Seite von Danzig kennenzulernen, die ein bisschen rauer, echter und entspannter ist, wird hier fündig.
Ich mochte die Mischung aus alten Häusern, kreativen Cafés und dem Gefühl, nicht ständig durch touristische Kulissen zu laufen. Es ist ein Viertel mit Geschichte, mit Charakter und mit kleinen Überraschungen.
Für mich war es ein entspannter, interessanter Tag mit guten Getränken, netten Begegnungen und einer Atmosphäre, in der man sich wohlfühlen kann. Ich komme bestimmt nochmal wieder.

PS: Falls ihr mal in Amsterdam auf der Suche nach einer veganen Bäckerei seid, kann ich euch das Saint-Jean sehr ans Herz legen. ♥
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